Kartographie

Schichtgravur

Kartographie-Studentinnen und -Studenten in meinem Büro

Am 14. Januar 2020 hatte ich besonderen Besuch: In meinem Büro war eine Seminargruppe des internationalen Masterstudienganges Kartographie TU Dresden – TU Wien – TU München zu Gast.

Besuch in meinem Büro

Thema, klar: Früher. Wie hatten die eigentlich damals Karten gemacht, also, bevor man alles mit Computer gemacht hat? Ging das überhaupt?

Klar.

Es gab da so kleine Messingschablonen ...

Gravierschblone

Mir wird so richtig warm ums Herz. Haargenauso, wie die Studentin, haben das damals die Landkartenzeichnerinnen gemacht:

Beim Gravieren

In der Zeichenvorschrift steht die Schablonennummer. Die kommt in so ein kleines feinmechanisches Gerät rein, den „Gravierpantographen“. Indem du nun die Signatur auf der Schablone abfährst, wird sie in eine lichtundurchlässige Schicht eingraviert. Und schon ist das kleine Kartenzeichen fertig:

Schichtgravur

Okay, Qualität stimmt nicht ganz, kein Wunder, meine „Gravierschicht“ ist ja nur ein Tuscheklecks, den ich auf meinem Lichttisch habe antrocknen lassen. Auf einer richtigen Gravierfolie sieht eine Kartendarstellung so aus:

Gravierfolie

Für Kreise, Höhenlinien, Autobahnen usw. gab es andere kleine Gerätchen und Maschinchen. Das fertige Original wurde dann wie ein fotografisches Negativ zum Positiv umkopiert und schließlich auf eine Offsetdruckplatte aufbelichtet.

Du hast dann vielleicht fünf Folien angelegt, außer schwarz noch eine für Blau, eine für Grün und eine für Rot. Und dann noch eine für die Höhenlinien. Musste alles haargenau übereinander passen. Dafür gab es feine Passlochungen in den Folien, mit denen du die am Lichttisch übereinandergeknöpft hast. Und dann eben Druck in den 5 Farben.

Die Schichtgravur war eine Technik, in der man die allerhöchste Präzision – besser noch, als beim Kupferstich – erreichen konnte. Dabei ging es viel schneller. Gab es nur bei den Kartenmachern, war dort aber weltweit in Gebrauch. Etwa zwei Generationen Kartographen haben graviert, von vielleicht 1940 bis 2000. Dann ist der Computer gekommen und hat dieses schöne Handwerk ausgerottet. Fotografen machen nach wie vor, wenn es einmal etwas besonders Schönes und Dauerhaftes zu machen gilt, Abzüge auf Silberhalogenid-Fotopapier, mit Entwickler und so. Und die Eisenbahner sorgen noch immer dafür, dass nach wie vor ein paar alte Loks ihren TÜV bekommen. Die Schichtgravur ist allerdings völlig ausgestorben.

So ist es also etwas ganz besonderes, ein paar Signaturen zu gravieren. Das Schöne an der alten Technik ist, dass sie völlig robust auch nach Jahrzehnten ganz schnell wieder zum Leben erweckt werden kann. Versuche hingegen mal, so eine alte CorelDraw-Kartendatei von 1990 wieder aufzumachen. Ob dann dein altes Diskettenlaufwerk noch geht? So ein mechanischer Gravierpantograph läuft auf Anhieb, wenn du den aus der Kiste holst. (Ach so, das alte Corel war ja auch wohl nur 16 Bit – hm.)

Ich mache meine Karten nicht mit Schichtgravur, sondern zeichne. Das ist im Prinzip nochmal 100 Jahre weiter zurück. Und noch altmodischer. Aber was für schöne Karten man damit erstmal machen kann. Das geht so:

Zeichenzeug

Und so:

Redaktion

Und so sieht dann die fertige Karte aus:

Reinzeichnung, Andruck, Druck

Es würde mich freuen, wenn es den Studentinnen und Studenten gefallen hat. Ganz meinerseits. Ich habe mich über die Gelegenheit, mein schönes Handwerk vorzustellen, ebenfalls sehr gefreut.


Wen du heute bei der Bahn lernst, haben die noch so ein paar alte Weichen mit Handhebel:

Und als Kartographie-Student musst du eben einmal so eine kleine Signatur mit einem Pantographen graviert haben.

Studenten in meinem Büro

Ich wünsche den Studenten und Studentinnen fröhliches Weiterstudieren und grüße Prof. Burghardt und Eva Hauthal vom Institut.


Ein herzliches Dankeschön geht an die Fotografen. Die Bildautoren sind Danae-Maria Kontou, Eva Hauthal, Dirk Burghardt und Michael Funke
20.01.2020
22.01.2020 - Durchsicht
28.01.2020 - Durchsicht

Zum Seitenanfang