Haupt- und Fernwege durch die Sächsische Schweiz

Der Wilde Steig

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Schöne alte Wegemarke

Für Krypto-Wanderer

Der Wilde Steig ist eine große Route, die die gesamte Sächische Schweiz durchquert. Er beginnt am Breiten Stein und endet an der Landesgrenze zum Khaatal. Das Besondere am Wilden Steig ist, dass er den Menschen flieht. Er umgeht die Dörfer und Städte, nur selten kommt man an einem abgelegenen Gehöft oder an einem Wirtshaus vorbei. Der Weg führt ausschließlich über abgelegene Pfade, Wildwechsel und Steige und ist streckenweise auch völlig unwegsam. Man schläft entweder unter freiem Himmel, in einer Forsthütte oder unter einem Felsüberhang. Wasser gibt es aus der Quelle, Heidelbeeren und Pilze stehen am Wegesrand.

Die klassische Tour dauert drei Tage, normalerweise wird einmal im Basteiwald übernachtet und einmal im Winterberggebiet oder im Thorwald.

Es gehört zum Ehrenkodex, dass man, wenn man „den Wilden macht“, die Zivilisation meidet. Man gehe ihn ohne Abstecher und Unterbrechungen in einem Zug. Einkehr in den einsam am Weg gelegenen Gasthäusern ist gestattet - ja sogar ausdrücklich geboten - ob auch die Übernachtung, ist zweifelhaft.

Von folgenden Wirtshäusern ist überliefert, dass sie am Wilden Steig liegen:

Weiterhin gehört das Basteirestaurant in dieses Verzeichnis, wobei der selbstverständliche Ehrenplatz ein Fenstertisch im Panoramarestaurant ist. Ich empfehle, Tisch 65 ganz links hinten zu erbitten. Von den Kellnern wird man mit Hochachtung bedient werden, wenn sie spüren, dass man den Wilden macht. Sich im Kiosk im Außenbereich (oder gar aus dem Rucksack) zu verpflegen gilt als schlechter Stil. Ein Besuch auf der Basteiaussicht ist Ehrenpflicht. Dabei sei man höflich und vermeide arrogante Gedanken, etwa in der Art, dass man nur selbst „ein echter Wanderer“ sei und die anderen „nur eben so Massentouristen“. Eher ist Demut und Ehrfurcht angebracht. Der Stylist weiß freilich die Basteiaussicht zu einer besuchsschwachen Zeit aufzusuchen.

Verlauf:

Karte Fragmente Wilder Steig

Beginn ursprünglich wohl Bahnhof Dürrröhrsdorf (bis 1945 Weißig), seinerzeit legendäre Fahrdienstleiterin. Der erste authentische Punkt ist die Schutzhütte auf dem Breiten Stein. Andere Zugangsvariante über Bahnhof Stolpen und Luschdorf. Ende: Schutzhütte Landesgrenze Khaatal. In jüngerer Zeit auch am Schwarzen Tor grenzüberschreitend (illegal jedoch begangen), weiter über Balzhütte nach Dittersbach (Jetřichovice). Weiter Durchkämpfen zur Bahnstation Veselé pod Rabštejnem. Dort Zuganschluss und Abreise. Über die Lage der Wirtshäuser hinaus wird die Weglinie des Wilden Steiges nicht schriftlich festgehalten. Es gibt auch keine Karten oder Tracks. Man erwirbt in der Regel die Kenntnis von ihm, wenn man einmal mitgenommen wurde.

Länge: In klassischer Tour drei Tagesmärsche. Der Steig endet übrigens nicht an der Grenze. Kasnybrod, Schweifsternnadel, Drachenfelsen. Das sind da so schemenhaft von den Feuern der Tramps überlieferte Wortfetzen ...

Geschichte: Der Weg wurde wohl schon nach dem Krieg begangen, ich datiere ihn hier einmal auf 1961, das Jahr, in dem Karl Kießling mit seinem K. V. die Oktoberboofe errichtet hat. In den 1970er/80er Jahren waren verschiedene Klettervereine Träger „des Wilden“.

Sonstiges: Der Artikel ist fester Bestandteil des Namen. Der Weg heißt also „der Wilde Steig“, nicht lediglich „Wilder Steig“.


Träger: Wander- und Kletterverein K. V. Fernblick 1977 e. V.

Wegemarke:

Es gibt keine durchgehende offizielle Markierung. Eine mitunter anzutreffende Wegemarke - oft auch in den Fels eingeschlagen - ist das Andreaskreuz. Man verwechsle dies aber nicht mit dem Andreaskreuz auf weißer Kreisscheibe, mit dem die Nationalparkverwaltung die Sperrung eines Klettergipfelzugangs anzeigt. Das „grüne B“ wird häufig für eine Wegemarke des Wilden gehalten, dies ist aber eine Legende. Weiterhin gab es früher Weg- und Boofenbücher, die aber mittlerweile alle von der Nationalparkverwaltung in Beschlag genommen sind.

Signatur Böhm-Wanderkarten: Bei der Weglinie handelt es sich um ein Landschaftsbestandteil das nur mündlich weitergegeben und daher nicht in Karten verzeichnet wird.

Wikipedia: Kein Eintrag

Webseite: Keine Webseite

Eine Art Geheimwissen? Besser, eine Art Wissen, das man für sich behält und durch behutsame Weitergabe bewahrt. Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass es die unterschiedlichsten Arten solcherart geoinformationellen Kleingutes gibt, das tradiert und stabil nur mündlich weitergegeben wird. Touristisch nicht erschlossene Höhlen, nicht offizielle Kletterziele, natürlich die traditionellen Freiübernachtungsstellen der Bergsteiger. Ebenso aber auch Pilzflecken, Wilderer-Unterschlupfe, die Paschersteige der Schmuggler, die Beerenfleckel der Heidelbeersammler, die Kräuterplätze der Kräuterweibeln, die Pflanzennachweise der Professoren mit Botanisiertrommel, Angeleinstände, Brunft-Beobachtungsplätze der Jäger usw. — Die jüngste Species hierbei sind übrigens Geocaches und topographische Esoterica.


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