Amerikanische Nationalparks einmal anders

Korrespondenz von Axel Mothes

Der Typ „Yellowstone“

Der Nationalpark Sächsische Schweiz wird oft mit „richtigen“ Nationalpark verglichen, sagen wir vom Typ „Yellowstione“. Und da kommt er regelmäßig nicht gut weg. Zu siedlungsnah, zu zerfasert, zu klein, zu wenig menschenleer, keine richtige Naturlandschaft, zu viel Kulturlandschaft, selbstverständlich viel zu überlaufen und natürlich viel zu viele Wege.

Was kann man da tun? Dreierlei:

Die aktuelle sächsische Landes-Naturschutzpolitik will den Nationalpark „entwickeln“. Einerseits „Natur Natur sein lassen“, anderseite ist es, so die Evaluierungsberichte, ein „zu hoher Besucherdruck“, man müsse da regelmäßig ein „Spannungsfeld Mensch – Natur“ entschärfen. Gut ist es, Wege zu sperren, „Ruhebereiche zu schaffen“, die „Besucher“ zu lenken, zu bündeln und zu kanalisieren. Sie ganz zu verjagen, wäre die Endkonsequenz, wenn da wirklich „Wildnis“ einmal rauskommen soll. Schon fordern die Naturschutzverbände Wanderreglementierung, Klettereinschränkungen und Boofenverbote.
Doch all das fruchtet irgendwie nicht.

Die Gegenreaktion ist die der Bürgerinititive Naturpark Sächsische Schweiz: Ehrlich sein. Den Nationalpark abschaffen. Wenn unser Nationalpark schon so viele Anforderungen, die nun einmal ein Nationalpark einzuhalten hat, nicht erfüllt, dann sollte man den Nationalpark in einen Naturpark umwandeln. Die Natur ist auch in einem Naturpark geschützt, oftmasls sogar besser, als in einem Nationalpark.
Doch realistisch betrachtet sind die Chancen der Bürgerinitiative eher gering.

Es bleibt als dritter Weg, dass man eben so rumwurstelt. Mal bissl bissl sperren und besucherlenken, was die Nationalparkverwaltung aber nicht immer durchkriegt. Aber auch für den Wanderer ist dies ein ewiger und lästiger Kampf zwischen den den drei Polen Liebe zur Landschaft, sich widerwillig besucherlenken zu lassen oder aich woandershin ab-wandern. Die Welt ist groß.
Das kann man Kompromiss oder politiktypisches Aussitzen nennen. Kritiker nennen es „Mogelpackung“, „Lügen-Nationalpark“ oder „Touristen-Übertölpelung“. „Yellowstone-ähnlich“ wird der Nationalpark aber auch so nicht.

Da ist guter Rat teuer. Vielleicht ist aber auch die Theorie falsch und „Yellowstone“ ist das falsche Modell?

Versuchen wir es mal mit dem anderen Blick.

Der Typ „Cuhayoga“

National Park Cuyahoga Valley? Noch nie davon gehört. www.openstreetmap.org, da einfach mal die Karte angucken:

National Park Cuyahoga

Der National Park Cuyahoga Valley liegt bei Cleveland am Eeriesee. 132 km² groß, 2,9 Millionen Besucher pro Jahr. Der Clou ist: Er liegt nicht in menschenleerer Ödnis, sondern mitten in besiedeltem Gebiet. Die Ödnis haben die Menschen hier allerdings selber gemacht. Cleveland war mal ein Ballungsraum mit Millionenstadt. Dann kam der Zusammenbruch der Industrie. Was man da machen kann? Na, die Amis sind findige Leute, die machen da einen Nationalpark draus.

Geht gleich an der Stadtgrenze von Cleveland los und liegt mitten in dicht besiedeltem Gebeit. Zerfasert ist so ein Nationalpark selbstverständlich auch, geht ja gar nicht anders, man musste ihn ja in die übrige Siedlungslandschaft und die ganzen Schrottimmobilien da einbauen.

Da mal näher (oranges Rechteck in Karte oben ranzoomen:

National Park Cuyahoga

Wow, Autobahnkreuze im Nationalpark? Klar, das ist die Ohio Turnpike. Und da bauen die einen Nationalpark rein.

Okay, kann man meinen, Amerika eben, geht vielleicht, wenn man da ein paar quadratkilometergroße Windnisgbiete unterkriegt? Weit gefehlt. Wir zoomen nochmal ran (wieder oranges Rechteck): Da gibt es massenhaft Wanderwege. Lamb Loop, Eastern Rim Phase 1, Edson Rum und drumrum führt ein Bike and Hike Trail.

Und da gleich mal maßstabsgleich die Sächsische Schweiz rund ums Zeughaus drunterlegen:

National Park Cuyahoga Valley

Was haben die da für eine Wegedichte? Die eingezeicheten kreise haben je 150 meter Durchmesser und zeigen: Die haben da dreimal dichtere Wege, als bei uns in der Kernzone, selbst wenn man da längst untergegangene Wege wie die Röhrkieferschlüchte oder den Thorwaldwand-gratweg wieder mit einzeichnet.

Wir fassen zusammen:

Siedlungsferne:

Wegedichte:

Besucherzahl:

Eisenbahn:

Zerschneiung:

Zerfaserung:

Besucherlenkung:

Kompaktheit:

Größe:

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich habe nun nicht vor, der DEGES eine Nationalpark-Partnerschaft anzutragen, damit die eine achtspurige Autobahn quer durch die Sächsische Schweiz bauen.

Doch man sieht an dem Beispiel recht gut, was es für ein Quatsch ist, sich immer irgendeinen „Großen Bruder“ zum ideologischen Vorbild zu nehmen. Irgendeinen „internationalen Standard“ mit 75 % Prozesschutzfläche.

Wir müssen hier selber sehen, wie wir mit unserer Landschaft klarkommen und aus unseren Verhältnissen das ebste machen. Naturschutz, selbstverständlich.


Okay, alles bissl Spekulation. Ich war ja nicht dort, es ist nur eine Karten- und Luftbildrecherche. Könnte natürlich auch sein, dass sich vorort alles ganz anders und viel problembeladener darstellt. Eigentlich müsste man glatt mal nach Cleveland fahren und sich alles vor Ort ansehen. Wäre doch mal eine interessante Urlaubsidee. Na, ich denke doch gar nicht daren. Viel zu weit weg. Da geh ich viel leber in der Sächsische Schweiz wandern.


Eins fehlt noch zum Abschluss, das Gegenstück zu Karte 1: Der 25-Kilmoeter-Kreis im Raum Sächssiche Schweiz:

National Park Cuyahoga Valley

Ist das, verglichen mit Cleveland nicht ein Traum?


Ich bedanke mich herzlich für die Info bei Axel Mothes, Halle.

21.10.2023 Initial, Seite noch nicht fertig.

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