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2. Akt: Zitate aus kaum beachteten Fachveröffentlichungen der Naturschutz-Planer – Seite 1
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Qualitätskriterien großflächige Wildnisgebiete des Bundes (QgW)
Titel: Qualitätskriterien zur Auswahl von großflächigen Wildnisgebieten (QgW). Mit den Länderfachbehörden
abgestimmte Fachposition des BMU/BfN. Stand 03. Mai 2018.
Link Volltext:
https://www.bfn.de/sites/default/files/2021-09/BMU_BfN_Kriterien_Wildnisgebiete_Bund_Laender_20180503_barrierefrei%20%281%29.pdf.
Nur 6 Seiten, die es jedoch in sich haben. Die Länder haben schon zugestimmt, also auch das Sächsische Umweltministerium (SMEKUL). Das Sächsische Umweltministerium ist die vorgesetzte Dienststelle der Nationalparkverwaltung Sächsische Schweiz.
Hier unsere Durchsicht:
S. 3 oben:
Nationalparks werden also sukzessive zu Wildnisgebieten. Damit werden sie noch strenger geschützt, als bisher. „Wo immer dies möglich ist, sollen Wildnisgebiete für Menschen erlebbar sein“ klingt zunächst beruhigend. Wir haben da aber so unsere Erfahrungen. Ob es möglich ist, entscheidet nämlich die Naturschutzbehörde. Der Mensch muss sich dem Schutzzweck unterordnen. Ohne energischen Gegendruck der Wanderer, Bergsteiger und Kommunen wären im Nationalpark Sächsische Schweiz 90 % der Wege längst Geschichte, Harz, Schwarzwald dasselbe: Amtsdeutsche Bezeichnung: Wegedichtenreduktion. Da verheißt „Wildnis“ dem Wanderer nichts Gutes.
Der Borkenkäfer hat weite Teile des Nationalparks Sächsische Schweiz unpassierbar gemacht. Hauptwege werden nur sehr zögerlich freigeschnitten, Nebenwege meist überhaupt nicht. Unglückliche Umstände oder gesteuertes System?
S. 3 unten:
Am Anfang machen die Parlamente von Bund und Ländern ein „Schönes-Wildnis-Gesetz“. Den Rest macht dann der Umweltminister auf dem Verordnungsweg. Dann noch Landkreise, Städte und Gemeinden irgendwie zu beteiligen, ist nicht mehr erforderlich.
„Soweit der Schutzzweck im Einzelfall erlaubt“ heißt, der Schutzzweck kann schnell auch mal alles verbieten. „Naturschutz“ ist dazu ideal geeignet. Was werden für weitere Ziele außer Naturschutz für den Menschen genannt? „Wildnis erleben“ heißt gebuchte Wanderung unter fachkundiger Begleitung, entsprechende Studie hier. Da kommt also ein Ranger als Aufpasser mit. Für „Bildung“ gibts eine Ausstellung im Nationalparkzentrum. „Monitoring“ und „Forschung“ macht die Verwaltung unter sich aus. Das wars. Erholung, Freude am Draußensein, Betretbarkeit der Landschaft, Wandern, Natur erleben: Ist nicht mehr vorgesehen.
Die Nationalparkverwaltung übt auch gleich einmal fast „alle öffentlich-rechtlichen Aufgaben aus.“ Steht da. Der Rest vom öffentlichen Dienst kann zu Hause bleiben. Alles, wofür sonst Bund, Länder und Kommunen zuständig sind, braucht man nicht mehr. Forst fällt aus. Straßenbau überflüssig. Katastrophenschutz, du meine Güte, Katastrophen sind in der Wildnis doch ausdrücklich erwünscht. Die Ranger erhalten Polizeihoheit und machen auch gleich noch Justiz mit. Das ist einfach und genial.
S. 4 oben:
„Kernzonen von Nationalparken“, gewiss doch, genau das ist Wildnis. Wanderer in der Sächsischen Schweiz, hast du jemals etwas anderes geglaubt? Angestrebter Größen-Richtwert 30 km². Also Zeughaus bis Balzhütte und dort darf dann eher niemand mehr groß rumlaufen. Wildnis ist Natur pur, Menschen dürfen da nur noch rein, „soweit es der Schutzzweck erlaubt“. Wir wissen ja aber: Wir stören, vermüllen, beunruhigen, verunreinigen. Also müssen wir da leider draußen bleiben.
S. 4 unten:
Richtig, Wildnis ist IUCN Ib. Kategorie Ib, „Wildnis“, bildet gemeinsam mit Ia, „strenges Schutzgebiet“, die Gruppe Totalreservat. Eigentlich war das einmal anders. Früher waren einmal Nationalpark und Wildnisgebiet zwei unterschiedliche IUCN-Kategorien. Nationalpark war IUCN II, und in dieser altmodischen Art Nationalpark waren Naturschutz, aber auch die Erholung, die Freude und das Erlebnis der Menschen gleichberechtigte Ziele des Schutzgebietsmanagements. Ein Nationalpark war also für die Natur da, genauso aber auch für den Menschen. Wildnisgebiet war IUCN Ib, das war das Totalreservat. Da durfte der Mensch eher nicht rein, einfach so Drinrumwandern, kaum. Doch jetzt kommt eben eine neue Zeit und damit wird unser Nationalpark eine neue Art Nationalpark und das ist, wie wir hier mitgeteilt bekommen, Ib. Alles klar Wanderer? Vergiss die Wege deiner Kindheit. Schränke dich ein. Bleibe zu Hause. Übrigens wird gerade das Boofen verboten. Unglückliche Umstände oder gesteuertes System?
S. 5 oben:
10 bis 30 Jahre gibt es erst einmal ein bisschen „Entwicklungszone“. Anschließend wird dies eine „Super-Kernzone“. Bis dahin werden „Infrastruktureinrichtungen entfernt“, also Wege, Stiegen, Geländer, Rastplätze, Stützmauern, Straßen, Brücken, Schutzhütten abgerissen. Hier, wie es im Harz zugeht. Aber auch uns kommt das bekannt vor. Ziegengrundbrücke, Ascheblossteig, die vielen Wege in Kleinem und Großen Zschand, Abstieg Pohlshorn/Thorwaldbrücke, rechter Polenztalweg, Grenzerhütte, Fünferhütte, Winterbergserpentinen: Ja, das ist alles schon lange Geschichte. Unglückliche Umstände oder gesteuerte Salamitaktik?
S. 5 unten:
Bange Frage, kommen auch die Häuser weg? Gewiss doch. „Keine dauerhaften menschlichen Siedlungen oder bewohnte Einzelgebäude“, das ist doch klar ausgedrückt. Zeughausferienheim, Alte Waltersdorfer Mühle, Haidemühle, Beuthenfall, alles längst abgerissen oder Ruine. Unglückliche Umstände oder System?
Ein paar Berggasthäuser werden mit „Bestandsschutz“ gerade noch geduldet, d. h. die sind erst bei der nächsten Runde dran. Bis zum Verfall dürfen die erstmal noch stehen bleiben. So ein Verfall kommt in der Regel nach ein paar Jahren Leerstand wegen mangelnder Rentabilität und/oder unterlassenen Investitionen. Nicht, dass die Nationalparkverwaltung da direkt nachhelfen würde, aber weniger Wanderer „in der Kernzone“ heißt natürlich auch weniger Umsatz. Altes Zeughaus, Großer Winterberg, seit 2023 zu. Unglückliche Umstände oder System?
S. 6:
Was wohl „öffentliche Verkehrseinrichtungen“ sein mögen? Na klar, die Straßen müssen weg. (Denke mal, die Kirnitzschtalbahn ist damit eher nicht gemeint.) Kein Jahr vergeht, ohne dass die Nationalparkverwaltung die an Hauptfeiertagen unglücklich zugeparkte Kirnitzschtalstraße als „Katastrophe“ darstellen würde. Wir folgen dem oft, denn natürlich darf man nicht falsch parken. Doch Parkplätze, die die Situation entspannen können, werden niemals genehmigt. Die Randstreifen wurden längst verpöllert. Schon ist eine Sperrung im Gespräch. Zunächst nur für den „Durchgangsverkehr“. Nicht schlecht, sagen die mit ÖPNV anreisenden Wanderer und Radfahrer. Doch äußerste Vorsicht: Welcher Straßenbaulastträger zahlt noch für eine nur wenig befahrene Anliegerstraße in einem Wildnisgebiet? Wenn man die Qualitätsrichtlinien zwischen den Zeilen liest: Langfristig könnte es da schon in Richtung Entwidmung gehen.
Danach ist das nur noch der Privatweg der Kirnitzschtalwirte. Kyrie eleison.
Unglückliche Umstände oder System? Da auch mal an den (bis zum Waldbrand) gesperrten Großen Zschand denken.
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