Erinnerungen von Helmut Paul
Wie das in den 1950er und 60er Jahren war
- Bis 1957 war „touristisches Reisen“ von Bergsteigern in die Alpen „per Interzonenpass“ noch möglich. Wer damals in der Kletterszene genug Energie hatte (man brauchte Westgeld oder viel Ostgeld zum Schwarztauschen), fuhr in die Alpen.
- Ab 1958 gab es keine Interzonenpässe für touristisches Reisen mehr. Damit war die Grenze (Ausnahme Berliner Zonengrenze) völlig zu. Man kam also auch schon vor dem 13.08.1961 kaum mehr aus der DDR raus.
- Die ČSSR (damals eigentlich noch ČSR) war zu der Zeit noch völlig zu. Reisen nach Polen waren bereits sehr früh möglich, Polen galt jedoch nicht als so interessant. 1959/60 gab es dann erste organisierte Gruppenfahrten von DDR-Bergsteigern in ČSSR, zunächst nach Hrubá Skalá und Adršpach, diese wurden im Rahmen „FDJ-Arbeit“ organisiert. Sonst kam man nicht raus.
- Vgl. hier die Mitteilung Karl Kießling (um 1992): Als 1961 dann die Mauer zu war, erfolgte „Emigration nach innen“: Karl Kießling hat dann die Oktoberboofe im Kleinen Zschand gebaut, Bernd Bahn die „Bernd-Bahn-Boofe“ im Nassen Grund.
- Ab 1961 erfolgte eine gewisse Lockerung der Reisebestimmungen in Richtung Tschechoslowakei. Zunächst konnten Gruppenfahrten, dann bald auch Visa für Einzelreisen in die ČSSR beantragt werden.
- Ab etwa 1968 ... 1972 war ein „visafreier Reiseverkehr“ nach Polen, ČSSR, Ungarn, Rumänien, Bulgarien möglich. Das sah man als großen Fortschritt an. In die ČSSR reichte der Personalausweis, nach Ungarn, Rumänien, Bulgarien brauchte man eine „Reiseanlage“, die bei der Polizei zu beantragen war. Dies war eine Zickzack-Fahne, die in den Personalausweise eingeklebt wurde und die fast jeder in seinem „Persi“ hatte.
- Als dann etwa 1980 Polen im Kontext „Solidarsnosc“ wieder zu war hat Siegfried Anders von der Bezirksfachkommission Bergsteigen über (mehr oder weniger fingierte) „Freundschaftsverträge“ mit polnischen Bergsteigern Einreisegenehmigungen nach Polen ermöglicht. So war wenigstens bissl was möglich.
Unerkannt durch Freundesland
Wie es mir in den 1980er Jahren gegangen ist – Dresden schon immer besonders blöd
In der DDR gab es diese Transitvisa, mit denen du in die Sowjetunion reingekommen bist und dann hattest du theoretisch drei Tage Zeit zur Durchreise nach Ungarn oder Rumänien. Wochen- und gar monatelang war aber auch nicht schlimm. Das war natürlich eine phantastische Möglichkeit, mal in den Pamir oder ins Tienshan zu kommen. Die Fahrkarten waren billig. Also machten wir uns in der Jugendclique jeder auf seine Meldestelle und beantragten Transitvisa. Mein Freund Uwe bekam das Visum in Sebnitz und auch in Leipzig und Lampertswalde (Großenhain) war das kein Problem. Dumm nur, dass ich damals in Dresden gewohnt hatte. Auf der Meldestelle auf der Elsa-Fenske-Straße (die war in der DDR bei der Polizei) haben die meinen Visaantrag abgelehnt. Dabei gab es offenbar gar keine entsprechende Anweisung „aus Berlin“ oder „Moskau“. Also in Dresden wieder einmal ein besonderes Maß an vorauseilendem Gehorsam.Ich habe mir dann einen schönen Tramp- und Wanderurlaub mit Bergzelt in Thüringer Wald und Harz gemacht, aber es war dennoch sehr ärgerlich. — Benno Hratzky hat sich das nicht gefallen lassen und ist da gleich einmal von Dresden nach Magdeburg umgezogen – einschließlich Arbeitsstellenwechsel. Arbeit gabs ja überall. In Magdeburg hat er das Transitvisum dann problemlos erhalten.
Quelle: Mitt. Benno Hratsky, 2018.
31.03.2020