Reisen in der DDR

Erinnerungen von Helmut Paul

Wie das in den 1950er und 60er Jahren war

Quelle: Tel. Helmut Paul (Jg. 1938), 31.03.2020.


Unerkannt durch Freundesland

Wie es mir in den 1980er Jahren gegangen ist – Dresden schon immer besonders blöd

In der DDR gab es diese Transitvisa, mit denen du in die Sowjetunion reingekommen bist und dann hattest du theoretisch drei Tage Zeit zur Durchreise nach Ungarn oder Rumänien. Wochen- und gar monatelang war aber auch nicht schlimm. Das war natürlich eine phantastische Möglichkeit, mal in den Pamir oder ins Tienshan zu kommen. Die Fahrkarten waren billig, russisch hat man gekonnt (das hatten wir ja ab der 5. Klasse in der Schule). Also machten wir uns in der Jugendclique jeder auf seine Meldestelle und beantragten Transitvisa. Mein Freund Uwe bekam das Visum in Sebnitz anstandslos und auch in Leipzig und Lampertswalde (Meldestelle Großenhain) war das kein Problem. Mein Pech war nur, dass ich damals in Dresden gewohnt hatte. Also auf die Meldestelle (Polizeiwache Elsa-Fenske-Straße hinter dem Postplatz) und Visum beantragt. Doch als ich nach ein paar Wochen nachgefragt habe: Abgelehnt. Begründung gab es natürlich keine, außer vielleicht einem lapidarem „gibts nicht“. Dabei hatten die auf der Polizei offensichtlich gar keine entsprechende Anweisung „aus Berlin“. Den Russen selbst war es völlig schnuppe. Doch lieber bissl mehr verbieten, als man eigentlich müsste. Also wie auch sonst üblich, in Dresden mal wieder ein besonderes Maß an vorauseilendem Gehorsam, selbst über das gewöhnliche Maß der DDR-Kleinkariertheit hinaus.

Ich habe mir dann einen schönen Tramp- und Wanderurlaub mit Bergzelt in Thüringer Wald und Harz gemacht, geärgert habe ich mich aber trotzdem fürchterlich. Denn die Freunde haben es derweil bis in den Kaukasus geschafft. Schöner Mist.

Benno Hratzky ist es in Dresden genauso gegangen. Er hat sich das aber nicht gefallen lassen und ist gleich einmal von Dresden nach Magdeburg umgezogen – einschließlich Arbeitsstellenwechsel. Arbeit gabs in der DDR ja überall. In Magdeburg hat er das Transitvisum dann problemlos erhalten. Und ab gings – „unerkannt durchs Freundesland“

Quelle: Mitt. Benno Hratsky, 2018.


31.03.2020
25.03.2024

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