Kleine Winterwanderphilosophie der Sächsischen Schweiz
Der Elbsandstein gilt als nicht schneesicher und deshalb versuchen die Touristiker gar nicht erst, hier eine Wintersaison etablieren zu wollen. Kein Winterwandergebiet.
Das ist falsch. Insider wissen: Gerade weil hier im Winter nicht so viel Trubel ist, ist es um so schöner. Weil es hier kaum Skiloipen gibt, hat man als Wanderer auch keinen Stress, dass man andauernd genötigt würde, sich neben den Loipen durch den Tiefschnee wühlen zu sollen, blos um ja nicht die Loipen kaputt zu machen. Wer hier Langlaufski fährt, muss sich sowieso eine Spur machen. Wer hier bei Tiefschnee wandert, muss spuren können. Na, das ist ja gerade das Reizvolle. Und so den typischen Massentrubel der Abfahrt- und Liftareale, das will ja der eher romantisierende Elbsandsteinwanderer sowieso nicht. Im Sommer nicht und im Winter auch nicht. Das ist schon Caspar David Friedrich so gegangen, als er den Chausseur im Walde malte.
Im Winter kann man hier tagelang einsam wandern, ohne einem Menschen zu begegnen.
Der Trick ist, nicht wochenlang voraus zu planen, sondern anzuwarten, bis einmal ein schöner stabiler Schnee liegt. Und dann nicht zu lange überlegen, sondern rausfahren. Denn natürlich: Schneegarantie gibt es nicht. Aber fast jeder Winter hat ein paar dauerhafte Schneewochen. Wenn Schnee liegt, dann ist der Reiz der Landschaft unvergleichlich.
Der Halbjahrhundertwinter 2010/2011
Soweit die Theorie. Prakisch hatten wir 2010/2011 den Halbjahrhundertwinter. Am 24. November kam der erste Schnee, Weihnachten lag richtig viel, um den 15. Januar taute es, incl. Winterhochwasser. Dann wurde es aber wieder kalt und es schneite erneut. Das lacht des Elbsandstein-Winterwanderers Herz. Viel Sonne. Also dann - Supergeheimtipp, nicht in Wald und Schlucht, sondern ...
... auf ins Obere Land
Parkplatz Sportplatz Sachsenberg Hohnstein. Kostet nix. Schaufel zum Parklücke freischaufeln hatten wir mit, war aber nicht nötig.
Raus in die Winterlandschaft. Hier hört langsam die Welt auf ...
Die Alte Böhmische Glasstraße geht es hinaus in unendliches weißes Land. Aksai Chin, weiße Wüste. Im Hintergrund die sächsischen Kunlunketten.
Mitten in der einsamen Schneewüste überholt uns eine Gruppe udmurtischer Hirten auf ihren winterharten Przewalski-Pferden ...
... bald sind sie schon wieder in der Ferne verschwunden und uns umgibt wieder Einsamkeit ...
Wanderrast in der Wintersonne a la Chamonix ...
Weiter Richtung Goßdorf durch das weite Land. Straßenkreuzung 334,5 rechts rum ...
Langsamer Anstieg zur Waitzdorfer Höhe. Wunderbarer Winterwald, in dem wir eine erste Spur treten ...
Zwölfer Garten ...
... Hirsch-Heinrich-Weg. Jetzt müsste nur noch ein Gasthaus kommen. Der Wald öffnet sich und siehe da - die Grundmühle
Schnee geschoben, das Auto vom Wirt davor. So findet die Wanderung ihren würdigen Höhepunkt. In der Jagdstube wird Hirsch-Heinrich-Braten serviert.
Nun heimwärts ...
Der weitere Weg führt über das Mühlengehöft der Grundmühle. Der schönste Wegweiser des Hohnsteiner Landes weist den Weg. Wer malt heutzutage noch so wunderschöne Holzwegweiser?
Rückweg nach Hohnstein über Böhmers Berg ...
Kein Winterwandergebiet? Eine Wanderung, die uns noch lange in Erinnerung bleiben wird, geht zu Ende.
30.01.2011
30.09.2015