Wir haben mal wieder verloren
Kyrie eleison, Boofen
Vgl. auch hier, „unsere kleine Freiheit“ (ganz nach unten scrollen).
Nachdem der Naturschutzverband BUND 2021 kund getan hat, dass das Boofen in der Sächsischen Schweiz langfristig völlig zu verbieten ist, hat zunächst das Umweltministerium das Boofen mit einer Bekanntmachung vom 22. Juni 2022 für 4 Jahre, jährlich je vom 1. Feburar und bis zum 15. Juni verboten. Da stand allerdings u. a. auch drin, dass das Ganze evaluiert werden soll, „ ... die Evaluierung ist ergebnisoffen, eine automatische Verlängerung der jährlichen temporären Sperrung gibt es nicht“ (im Text des mit dem SBB abgestimmten Entwurfes vom 31.03.2022 auf S. 4). Diese Bekanntmachung galt zunächst nur für die Jahre 2022 bis 2025. Das Verfahren wurde durch eine AG Boofen begleitet, in der u. a. der Sächsische Bergsteigerbund engagiert mitgearbeitet hat und in der zahlreiche Vorschläge erarbeitet worden sind. Ebenfalls ist man daran gegangen, nachzuweisen, inwieweit Boofen für bestimmte Tierarten schädlich ist.
Dieses erste Verbot ist mit dem 15. Juni 2025 automatisch ausgelaufen. Damit wäre das Boofen im Nationalpark ab 2026 wieder zeitlich uneingeschränkt erlaubt gewesen. Das gab Hoffnung. Allerdings wurde jetzt mit einer erneuten Bekanntmachung vom 18. Dezember 2025 ein zweites Verbot erlassen, dass das fast fünfmonatige Boofenverbot für alle Ewigkeit festschreibt (hier). Das wirft 4 Fragen auf:
Frage 1: Ist hier irgendeine Art von „Ergebnisoffenheit“ erkennbar, wie dies vom Umweltministerium zugesichert worden ist? Nein, im Gegenteil, die Verbotsfortschreibung stand offensichtlich von vornherein fest.
Frage 2: Ist das Umweltministerium der eigenen Aussage gefolgt, „eine automatische Verlängerung gibt es nicht“? Nein, im Gegenteil, genau mit der Bekanntmachung von 18. Dezember 2025 ist genau diese automatische Verlängerung erfolgt
Frage 3: Sind denn irgendwelche Vorschläge der AG Boofen berücksichtigt worden? Nein, überhaupt nicht, die gesamte jahrelange Arbeit in der AG war für die Katze.
Frage 4: Konnten nachteiligen Auswirkungen des Boofens auf irgendwelche Tiere belegt werden? Nein, es konnten keine Belge dafür gefunden werden, dass irgendwelche Tierarten, Wanderfalke, Schwarzstorch, Graureiher etc., sich irgendwie an den Boofern stören würden.
Also wäre es doch folgerichtig gewesen, das erste Verbot, nachdem es ausgelaufen war, nicht zu verlängern.
Das war natürlich nicht beabsichtigt. Es war alles von vornherein so geplant und abgekartet. Losgegangen ist es 2022, unmittelbar nachdem das der BUND 2021 „gefordert“ hat. Bloß: Das hat doch nicht der BUND gefordert und das Umweltministerium hat es dann umgesetzt. Seit wann führen Staatsministerien Weisungen von Vereinen aus? Das haben die Naturschutzleute im (Umfeld des) Umweltministerium(s) dem BUND so diktiert, um den Anschein eines breiten politischen Interesses zu erwecken, obwohl es in Wirklichkeit nur deren Eigeninteresse ist.
Und bitte nicht denken, Wanderer und Bergsteiger, „ach, die blöden Boofer, das sind doch nur so partymachende, den Wald anzündende Großstädter, weg mit denen.“ Dann seid ihr aber deren Greuelpropaganda schön auf den Leim gegangen. Denn die nächsten „Partialgruppen“, die dran sind, seid nämlich ihr. Denn außer „freie Übernachtungen deutlich einschränken und langfristig auszuschließen“ steht da auch schon drin „Wegenetz auf den Prüfstand, mit dem Ziel es deutlich zu reduzieren“. Und „Kletteraktivitäten auf ein naturverträgliches Maß anpassen,“ (also zu verbieten). Divide et impera, Herr Cäsar.
Noch Fragen Kienzle?
Nein.
Wie nun weiter?
Ja, was könnte man da machen? Der Drops ist ja nun gelutscht.
Der Autor weist darauf hin, das die folgenden Darlegungen keine Handlungsanregungen sind, sondern lediglich akademische Erörterungen zu rein wissenschaftlichen Studienzwecken, die bitte keinesfalls als Aufruf zum Begehen von Ordnungswidrigkeiten missverstanden werden mögen.
- Protestieren. Schreibe einen Brief an die Naturschutzabteilung im Umweltministerium. Mache sozusagen eine Eingabe. Das wird dir ein gutes Gefühl von Freiheit, Möglichkeit der Meinungsäußerung und Teilhabe an der Demokratie geben.
- Doof stellen. Gehe einfach wie früher boofen und stell dich doof. Du warst erst, als es schon dunkel war, in der Boofe. Die leuchtest du doch nicht mit der Taschenlampe nach Verbotsschildern ab. Also, das tut dir nun leid, bei allem schuldigen Respekt.
- Regle es über Geld. Lass dich, wenn der Ranger kommt, nicht blöde personalienkontrollieren, als ob du ein Verbrecher wärst. Das zerstört die ganze Romantik. Stelle dich selbst vor, überreiche ihm deine Visitenkarte und sage höflich „l'addition, s'il vous plaît“. Dafür hast du auch immer einen Hunni griffbereit in der Hemdtasche. Im Hotel pennst du doch auch nicht für lau. Da kann es doch, wo es in der Boofe tausendmal schöner ist, da auch mal was kosten. Das ist es dir wert.
- Rückzug ins Private. Andrea Berg, Florian Silbereisen, Kaufpark Nickern. Es muss nicht immer nur so Zeugs mit Natur und Wald und Landschaft sein, wo man nur aneckt.
- Wechsle die Fronten. Die Nationalparkverwaltung sucht immer ehrenamtliche Naturschutzhelfer. Melde dich dort an. Du erhälst dann eine Ausbildung und eine Ausrüstung. Wenn du dann nach deinem Streifengang Feierabend hast, gehst du natürlich in deinem Postenbereich selber boofen, du kennst ja den Dienstplan und die Leute.
- Bleibe auch auf der anderen Seite der Front der Alte. Setzt vorigen Punkt fort. Wenn du dich dann zum Postenführer hochgedient hast, machst du einen auf ganz locker und lässt die natürlich immer boofen. Außer falls sie bissl frech werden, dann lasse sie hochgehen, denn natürlich musst du auch irgendwie das Bußgeld-Soll schaffen. Bissl was musst du schon abliefern, sonst stehst du in der Dienstberatung als Weichei da. Wenn die Boofer ganz frech werden, geordneter Rückzug. In Stress soll es nicht ausarten. Im Grund genommen bist du aber selber ein alter Boofer und eigentlich machst du das ja auch bloß, um die Tradition zu wahren. Wären da nicht so Truppen wie du, hätten die das alles schon viel tierischer verboten und plattgemacht und alles wäre bloß noch viel schlimmer.
- Stockholm-Syndrom. Werde Basteitourist. Auch Brand, Festung Königstein, Kuhstall, Schrammsteine, Obere Schleuse sind schöne Wanderziele, dazu noch völlig legal. Penne in einer Ferienwohnung oder SBB-Hütte. Da kriegst du keinen Ärger.
- Dschungelkampf. Verbinde dich mit Gleichgesinnten, lasse dir von dem Böhm die CD mit den Karten mit allen Boofen schicken und such dir paar schön versteckte aus. Da können die gar nichts machen. Selbst wenn die dich vom Hubschrauber aus entdecken, kommt doch die Infanterie niemals in das Borkenkäfermikado rein. Da müssten sie dich schon direkt vom Hubschrauber aus abknallen.
- Wandere aus. Ärgere dich nicht rum. Schottland, Schweden, Polen, Albanien, in der Schweiz oben in den Alpen, da kannst du überall nach Herzenslust campen, wandern, boofen. Und selbstverständlich gehört da auch immer das Feuern dazu. In Tschechien habe die ihre wunderbare Trampkultur, in Schottland den Scotish Outdoor Access Code. Es muss nicht immer Elbsandstein sein. Hier sind übrigens die Sächsischen-Schweiz-Naturschützer völlig deiner Meinung.
- Frust rauslassen. Du hast hierfür vielfältige Möglichkeiten, Kampfsportverein, Ballerspiele, Eichenstubbenfuhren zu Brennholz hacken. — Graffiti an Felsen malen, Müll von der Aussicht runter schmeißen, Wegweiser absägen ist hingegen – als eines Naturliebhabers unwürdig – abzulehnen.
- Sei opportunistisch. Mache in so Arbeitsgruppen, wie der SBB-Arbeitsgruppe „Boofen“ mit. Du kannst dann gemeinsamen Presseinfos zustimmen, wo drinne steht, dass „Naturschutzorganisationen und Bergsportverbände vertrauensvoll und konstruktiv miteinander zusammenarbeiten.“ Manchmal erreicht man etwas mit Opportunismus. Der SBB ist ein Meister in dieser Kunst. Insbesondere dominante Alphatiere (also der typische Politiker) pflegen jedoch Opportunismus als Schwäche auszulegen und ziehen einen dann besonders fürchterlich über den Tisch.
- Sei pragmatisch. Ostern nicht mehr boofen? Nicht weiter schlimm. Dann eben erst nach dem 15.06. Und wenn die das Verbot erstmal verlängert haben, dann eben erst nach dem 15.07. Und wenn die das Verbot dann nochmal verlängert haben, dann eben erst nach dem 15.08. Und wenn dann Waldsperre wegen Waldbrandgefahr ist, dann eben erst im November oder Dezember oder Januar. Geht auch.
- Sei knallhart. Oh Schreck, auch beim Winterboofen – kein Feuer? Nee, also das nicht mehr. Ist doch aber mit einem ordentlichen Daunenschlafsack kein Problem. Das ist ja gerade der Witz vom Winter, dass es da kalt ist. Dass sich da Spreu bissl vom Weizen trennt.
- Sei masochistisch. Tu nicht so, als ob du das Boofenverbot nicht hattest kommen sehen. Seit nun schon 40 Jahren schneiden die eine Verbots-Salamischeibe nach der anderen runter. Du regst dich immer wieder auf und liest dir das Zeug durch und gehst zu Veranstaltungen und Diskussionsrunden hin. Aber wie viele Hoffnungen wurden schon enttäuscht, wie viele Euphemismen haben sich als trügerisch und wie viele Zusagen als falsch erwiesen? 40 Jahre immer die gleiche Naturschutzstrategie. Verbot für Verbot und nie wird irgendwas zurückgenommen. Warum tust du dir das bloß an? Weil es dir im Grunde deiner Seele ein Genuss ist, immer wieder enttäuscht zu werden und bei jedem neuen Verbot immer wieder den schönen Schmerz der erneuten Niederlage zu erleiden. Weil es deine masochistische Seele einfach braucht.
-
Bleib bei deiner Emigration nach innen. Das ist das einzig Wahre und Richtige. Gehe
einfach raus, in das Wunderland Elbsandstein, die schönste Landschaft der Welt, in das zauberhafte Land, das Miloslav
Nevrlý so treffend beschreibt. Nationalpark und Vereine, Palaverrunden und Arbeitsgruppen, Paragrafen, die Städter an
Computern gemacht haben. Auf dieses ganze sinnlose Zeug hast du noch nie irgendwas gegeben.
Schwarzstörche und Falken und Eulen und Fledermäuse fühlen sich hier schon seit der Eiszeit pudelwohl. Denen ist
das Ganze sowas von schnuppe. Du warst gestern der assoziale Chaot und bist heute der Müllwegwerfer und Waldanzünder und
wirst auch morgen schon wieder irgendwie naturschädlich sein. Aber wer das glaubt, ist
selber schuld. Du hast es noch nie geglaubt und dir auch noch nie angehört. Es hat dich noch nie
interessiert und interessiert dich auch jetzt nicht.
Abends trinkst du noch ein letztes Bier bei Silke im Zeughaus. Dort oben, der Teichsteinwächter. Du machst dann zum Goldstein hoch und irgendwann bist du verschwunden. Früh, wenn die Sonne aufgeht, packst du deinen Kram zusammen und bist wieder da.
So einfach ist das.
18.12.2025
20.12.2025
22.12.2025. Noch 2 Punkte hinzugefügt.
